31.01.2014 ● Redaktion agrajo
Welche Kompetenzen sind gesucht?
Ob Registrierungsmanager für Pflanzenschutzmittel, Anwendungsberater Futterzusatzstoffe, Umwelttechnische Assistentin oder Vertriebsleiterin für Saatgut die Berufe und Tätigkeitsfelder in der Agrarindustrie sind vielfältig. Gleichzeitig aber weisen sie einige Gemeinsamkeiten auf: Wer einen guten Ausbildungsabschluss vorweisen kann, einen Meistertitel oder ein abgeschlossenes Hochschulstudium, das für eine Tätigkeit in der Branche qualifiziert, ist hoch begehrt. Denn immer weniger junge Leute haben sich in den vergangenen Jahren für ein Ausbildungs- oder Studienfach im Bereich Agrarproduktion oder -technik entschieden. Bis 2030 soll das Angebot an Hochschulabsolventen aus dem Agrarbereich um rund neun Prozent sinken, erwarten die Autoren des Buchs Arbeitsmarkt 2030 (wbv-Verlag). Gute Bewerber sind und bleiben also gesucht. So werden in der agrarnahen Zulieferindustrie sowie im Bereich Produktion und Beratung fortlaufend Absolventen mit Masterabschluss und fundierten Kenntnissen im Bereich Boden, Pflanzenernährung und Pflanzenschutz benötigt, wie die Hochschule Osnabrück berichtet. Gerade auch in Schnittstellenfunktionen als Vermittler zwischen Theorie und Praxis sind Absolventen von Agrarstudiengängen stark nachgefragt zunehmend sogar im internationalen Bereich, stellt der Deutsche Bauernverband fest. Ähnliches gilt auch für Personen mit anderen Abschlüssen: Bei der Besetzung von gehobenen Fach- und Führungspositionen tun sich Unternehmen zunehmend schwerer. So der Tenor auf dem 7. Arbeitnehmertag der Agritechnica 2013.
Gleichermaßen wichtig: Fachwissen und Softskills
Eine weitere Gemeinsamkeit der Tätigkeiten in der Agrarbranche: Arbeitgeber achten nicht nur auf Fachwissen, sondern verstärkt auch auf soziale Stärken wie Team- und Kommunikationsfähigkeit und auf persönliche Eigenschaften wie Selbstmanagement und Erfolgsorientierung. Das bestätigt Jens Eisenträger Personalreferent bei der KWS Services Deutschland GmbH. Beide Attribute Fachkenntnisse und Softskills sind für unser Unternehmen gleich wichtig, sagt er und ergänzt: Ein Mitarbeiter bei KWS muss eine gute fachliche Eingangsqualifikation mitbringen, aber auch die sozialen Kompetenzen müssen vorhanden sein, um eine Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern und Abteilungen effektiv gewährleisten zu können. Die eine Seite kann sicherlich etwas ausgeprägter sein als die andere, sie darf nur nicht gänzlich fehlen.
Das Saatzucht-Unternehmen mit Sitz in Einbeck (Niedersachsen) zählt rund 4.400 Mitarbeiter und ist in 70 Ländern aktiv. Neue Mitarbeiter sollten nach Auskunft von Jens Eisenträger neben dem geforderten Fachwissen Teamfähigkeit, soziale Kompetenz, Eigeninitiative und Flexibilität mitbringen. Bewerber um eine Führungsposition speziell auch Führungskompetenz, Entscheidungsfreudigkeit, Durchsetzungsvermögen und eine analytische Denkweise. Ob ein Bewerber zusätzlich auch Erfahrungen aus der Landwirtschaft mitbringen sollte, hängt nach Auskunft des Personalreferenten von der jeweiligen Stelle ab. Je nach Stellenbeschreibung ist dies eine Grundvoraussetzung oder nur nice to have. Es ist aber auf jeden Fall ein Vorteil, wenn jemand schon Kenntnisse mitbringt so ist er oder sie bereits sensibilisiert für unsere Produkte und Anwendungsbereiche, erklärt er.
Landwirtschaftliche Kenntnisse willkommen
Ähnlich ist die Aussage von Dr. Roger Fenster, Geschäftsführer der auf Unternehmen des Agribusiness spezialisierten Personal- und Karriereberatung Agri-Associates: Praktische landwirtschaftliche Kenntnisse sind immer willkommen. Je weiter ein Unternehmen von der landwirtschaftlichen Praxis entfernt ist, desto weniger sind solche Kenntnisse aber explizit gefordert. Das heißt: Stellt ein Unternehmen Produkte für die Landwirtschaft her oder vertreibt es solche, so ist es wünschenswert, dass Mitarbeiter Hof-Erfahrungen mitbringen, damit sie die Anforderungen der Praxis kennen. Ist ein Unternehmen in der Zulieferindustrie für das produzierende Gewerbe tätig, sind eher fachlich-wissenschaftliche Kenntnisse gefragt. Zwischen diesen beiden Polen gibt es vielfältige Ausprägungen mit mehr oder weniger praktischem oder wissenschaftlichem Hintergrund. Die beste Kompetenz bringt natürlich jemand mit, der sich gleichzeitig auf die Ebene eines Landwirts begeben und mit einem promovierten Saatzüchter sprechen kann der also beide Sprachen beherrscht, sagt er.
Seine Personalberatung sucht im Auftrag unterschiedlicher Arbeitgeber der Agrarbranche nach Mitarbeitern, deshalb hat er einen guten Überblick über den Mitarbeiterbedarf der Branche. Sowohl in produzierenden als auch in beratenden Unternehmen ist die Fachkompetenz zwingende Einstellungsvoraussetzung für neue Mitarbeiter, erklärt der Personalberater. Aber der zweite Aspekt ist genauso wichtig: Die Softskills müssen auch stimmen. Es kommt also immer auf eine gute Kombination der fachlichen und persönlichen Kompetenzen an. Wie soll ein Mitarbeiter eines Agrar-Unternehmens sonst einen Kunden fachlich beraten oder ein Produkt formulieren, wenn er nicht das entsprechende Fachwissen hat und dieses adäquat kommunizieren kann. Kontaktfähigkeit, Teamfähigkeit und Kooperationsbereitschaft nennt Dr. Roger Fenster als wichtige Softskills. Während die Fachkompetenzen eines Bewerbers normalerweise aus seinem Lebenslauf herausgelesen werden können, werden die persönlichen Kompetenzen heute meist im Vorstellungsgespräch geprüft.
Vielfältige Berufe sind gesucht
Übrigens: Wie vielfältig die gesuchten Berufe in der Agrarbranche sind, zeigt sich auch beim aktuellen Personalbedarf von KWS und Agri-Associates. Das Saatzucht-Unternehmen benötigt derzeit in erster Linie Mitarbeiter für SAP-Projekte und -Implementierungen, wissenschaftliche Mitarbeiter im Bereich Forschung & Entwicklung und technische Assistenten. Die Personalberatung sucht im Auftrag ihrer Firmenkunden vor allem Absolventen der Agrar- oder Veterinärwissenschaften, Fachkräfte mit Berufserfahrung in der Tierernährung, in der Saatgutbranche, in der Pflanzenschutzindustrie sowie der Landtechnik.
Daniela Furkel, Fachjournalistin