30.11.2020 ● Redaktion agrajo
Als Agraringenieur Wagyu-Rinder züchten
Wagyu, das bedeutet übersetzt einfach „Japanisches Rind“ („Wa“ heißt „Japaner“, „Gyu“ bedeutet „Rind“). Wagyu- oder Kobe-Rinder liefern das teuerste Fleisch der Welt, es gilt als Delikatesse und ist ein gefragtes Luxusprodukt.
Das Besondere am Fleisch: das Fett ist nicht punktuell, sondern intramuskulär, sprich gleichmäßig in sehr feiner Marmorierung im Muskelfleisch verteilt. Daraus ergibt sich eine niedrige Schmelztemperatur, die Steaks sind besonders saftig und schmecken leicht buttrig.
Kathrin Schütz hat uns mehr über die sanften Wiederkäuer aus dem asiatischen Land im Interview erzählt.
Wie haben du und Christoph euch kennengelernt?
Wir haben uns im Agrar-Studium kennengelernt. Wir wussten schon immer, dass wir einmal mit Tieren und der Natur arbeiten wollen.
Darin seid ihr jetzt erfolgreich. Wie ist deine berufliche Laufbahn?
Als Agraringenieure kennen wir uns in der Landwirtschaftsbranche aus. Gleichzeitig ergänzen sich unsere Erfahrungen im Beruf. Christoph hat durch seine landwirtschaftliche Ausbildung und den elterlichen Milchviehbetrieb umfangreiche Erfahrung in der Praxis. Dadurch kennt er sich aus in Aufzucht und Mast der Tiere.
Zudem arbeitet er seit 2018 im Außendienst in der Zuchtberatung bei „www.wagyu.de“ und der „STg Germany GmbH“, einem Unternehmen, das Zuchtsperma und Embryonen von Rinderrassen vertreibt. Dadurch konnte er
seine Kenntnisse über die Rinderzucht erweitern und vertiefen.
Ein weiterer Vorteil ist, dass ein gutes Netzwerk zu anderen Wagyu- Zuchtbetrieben in Europa, USA und Australien entsteht. Ich selbst bin Mitinhaberin von „Wagyu Sauerland“ und Eigentümerin der Marketingagentur
„Heimisch Marketing“. Außerdem arbeite ich seit 2016 in Teilzeit im Projektmanagement Agrarmarketing an der Fachhochschule Südwestfalen.
Zudem habe ich Weiterbildungen im Bereich Journalismus und Grafikdesign absolviert. Damit sind wir auch für den Bereich Marketing und Vertrieb gut aufgestellt.
Wo liegt euer Hof? Kannst du die Landschaft näher beschreiben?
Der Hof liegt im Hochsauerlandkreis in Arnsberg-Wennigloh. Durch die nahe Autobahn ist das Gebiet sehr gut angeschlossen; das Ruhrgebiet erreicht man in weniger als einer halben Stunde Fahrtzeit. Weitere Entfernungen überbrücken wir mit unserem Online-Fleischversand.
Die Region Sauerland zeichnet sich insgesamt durch einen hohen Grünlandanteil aus. Das landwirtschaftlich genutzte Grünland macht das sauerländische Landschaftsbild aus und hat damit auch einen hohen Stellenwert für den regionalen Tourismus. Die reizvolle wald- und wasserreiche Mittelgebirgslandschaft macht den Hochsauerlandkreis zu einer beliebten Tourismusregion in Nordrhein-Westfalen.
Wie kamt ihr zu den speziellen Wagyu-Rindern?
Kennen und schätzen gelernt hat Christoph die gutmütige und ruhige Rinderrasse während seines Auslandsjobs 2016 in Australien. Im Gespräch mit einem Farmer im Outback erfuhr er: Wagyubeef ist einzigartig in Marmorierung, Geschmack und Inhaltsstoffen. Wieder im Sauerland stand für uns fest: Diese tolle Rasse möchten wir im Sauerland züchten!
Wie gelang es euch, diese Rinderrasse zu importieren und eine Herde zu gründen?
Wagyu, die edelste Rinderrasse der Welt, stammt aus Japan. In Europa gehören Wagyu-Rinder, die für viele auch als „Kobe“ bekannt sind, zu den seltenen Rassen, da der Export neuer Zuchtgenetik aus Japan verboten ist. Um direkt mit 100 Prozent reinrassiger Wagyu-Genetik zu starten, haben wir Embryonen aus USA und Australien geholt und diese hier im Sauerland von Milchkühen als Leihmütter austragen lassen.
Mit unserer eigenen Zucht können wir nun selbst Genetik für Züchter liefern. Wir haben uns auf australische Genetik spezialisiert, da sie aktuell die besten Zuchtwerte hat. Damit sind der Embryonenverkauf und die Zuchtberatung für Neueinsteiger oder andere Wagyu-Züchter ein zweites wichtiges Standbein für uns.
Inwiefern unterscheidet sich die Haltung der Wagyus zu „normalen“ Rindern? Haben die Tiere besondere Ansprüche?
Für uns steht die Haltung auf den Sauerländer Weiden und der Verzicht auf genetisch verändertes Futter an erster Stelle. Die Rinder weiden frische Gräser und Kräuter von Frühjahr bis Herbst auf extensiven Weideflächen und betreiben dabei Landschaftspflege. Den Winter verbringen sie im großzügigen Strohstall. Wird ein Tier krank, setzen wir auf Naturheilkunde und Homöopathie. Unsere Wagyu-Ochsen werden drei Jahre gemästet, doppelt so lange wie in der herkömmlichen Bullenmast.
Wie vermarkten Sie das Fleisch? Nutzen Sie dafür auch digitale Vertriebswege?
Neben Wagyu Steaks vermarkten wir weiterverarbeitete Produkte im Glas, Burger Patties, Grillwurst und Schinken. Den Großteil, über 90 Prozent unserer Produkte, vermarkten wir sowohl ab Hof als auch über unser Online-Bestellformular. Zudem arbeiten wir mit Metzgereien und Gastronomen zusammen.
Machen Sie irgendwelche speziellen Events, um „Werbung“ für das Fleisch zu machen?
Wir veranstalten regelmäßige Wagyu-Tasting-Events auf unserem Hof und bieten zudem ein Partnership-Programm an. Im Rahmen des Programms zahlen Kunden zwei Jahre einen monatlichen Beitrag an uns, dafür erhält der Partner am Ende der Laufzeit ein Fleischpaket mit sechs Kilogramm Wagyu Steaks sowie eine Besitzurkunde über das Wagyu-Rind.
Wie ist das Feedback ihrer Kunden?
Unsere Kunden sind begeistert von der hohen Qualität des Fleisches und dem unvergleichlich zartem Geschmack. Die Kunden wissen auch unser ehrliches, authentisches Auftreten im persönlichen Kontakt, aber auch in den sozialen Netzwerken, auf Instagram und Facebook, zu schätzen. Gerade bei unseren Ab Hof-Verkäufen schaffen wir ein Einkaufserlebnis, in dem die Haltung, Fütterung und wir Landwirte hinter dem Produkt ganz transparent gezeigt werden.
Haben Sie die Coronakrise auch beim Absatz ihrer Produkte gespürt?
Die Coronakrise hat uns nicht geschadet, eher war das Gegenteil der Fall. Wagyu- Fleisch ist ein Genussprodukt, viele haben während des Shutdowns daheim gegrillt und da durfte es auch etwas Edles sein. Wir gehen mit unserer Unternehmensphilosophie bewusst auf die Gesellschaft zu und haben ein Geschäftskonzept geschaffen, das auf eine sehr hohe Akzeptanz trifft.
Wir wollen das erzeugte Lebensmittel nicht einfach abliefern, sondern direkt vermarkten. Die gesamte Wertschöpfungskette selbst in der Hand zu haben ist für uns ein klarer Zugewinn an Selbstbestimmtheit. Gleichzeitig bedeutet das auch, sehr viel Energie in die Vermarktung seines Produkts zu stecken, d.h. Storytelling, viel Social Media Marketing auf Instagram und Facebook und Pressearbeit.
Wie unterstützen Sie interessierte Landwirte im Aufbau der eigenen Wagyu-Herde?
Neben der Zuchtberatung haben wir ein Zucht- und Mast-Partnerprogramm in unserer Region aufgebaut. Unsere Zuchtpartner sind in der Regel Milchviehbetriebe, die nach erfolgreichem Embryotransfer die Abnahme des Wagyukalbs von uns garantiert bekommen. Unsere Mastpartner mästen die Wagyuochsen und erhalten ein auf die Rasse speziell angepasstes Fütterungskonzept und tägliches Futtergeld.
Damit können unsere Partnerbetriebe sicher kalkulieren. In der Zusammenarbeit wissen die Partnerlandwirte am meisten die gerechte Verteilung von Risiko und den ehrlichen Umgang miteinander zu schätzen.
Worin lag das Risiko Ihres Unternehmens?
Aufgrund der dreijährigen Mast der Wagyuochsen bis zur Schlachtung und Fleischvermarktung ist das eingesetzte Kapital lange gebunden. Zudem hatten wir als Nicht-Hofnachfolger ohne landwirtschaftliche Fläche und Maschinen nicht die allerbesten Startbedingungen.
Doch genau durch diese Schwierigkeiten haben wir viel Neues gewagt und konnten daran wachsen. Zudem konnten wir ein landwirtschaftliches Konzept aufbauen, das genau zu unseren Ansprüchen passt.
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Wir wollen den besonderen Geschmack des Wagyu-Fleisches durch die intramuskuläre Fetteinlagerung mit der Marke Wagyu Sauerland bekannter machen und so ein hochqualitatives, limitiertes Angebot für Premium-Wagyufleisch in Europa schaffen.
Darüber hinaus züchten wir weiterhin beste australische Genetik mit dem Ziel, Wagyu-Rinder aufzuziehen, die eine außergewöhnlich hohe Marmorierung, große Ribeyes und ein solides Schlachtgewicht aufweisen. Damit erschaffen wir eine nachhaltige Landwirtschaft, die entlang der gesamten Lieferkette rentabel ist,