27.04.2015 ● Redaktion agrajo
Justus-Liebig-Universität Gießen – Fachbereich Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement
Anders als vor fast 200 Jahren lernen die über 3.000 Studierenden des Fachbereichs nicht mehr nur alles über die Chemie des Tieres oder die einst von Liebig begründete Mineraldüngung von Böden, sondern sie erarbeiten sich ihr Wissen in allen naturwissenschaftlichen und ökonomischen Teildisziplinen der Nahrungskette: von globaler Ernährung, Agribusiness und der Agrarbiotechnologie, die mit modernsten biotechnologischen Methoden an der Weiterentwicklung gesunder und widerstandsfähiger Nutzpflanzen und Nutztiere arbeitet, bis zu Umwelt- und Ressourcenmanagement, Ernährung und Gesundheit sowie Verbraucherschutz.
An 14 Instituten werden die Studierenden von 35 Professoren betreut. Insgesamt zählt die Justus-Liebig-Universität rund 28.000 Studenten. Der Großteil wohnt in Gießen, das zur Region Mittelhessen als einem Teil der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main gehört. Frankfurt liegt circa 60 Kilometer entfernt und ist in einer guten halben Stunde zu erreichen.
Nadine Ackermann ist Studienkoordinatorin am Fachbereich Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement an der Justus-Liebig-Universität in Gießen.
Frau Ackermann, der Fachbereich bietet vier Bachelor-Studiengänge und zwölf Masterstudiengänge an. Wie erklärt sich das Ungleichgewicht? Ist der Run auf den Master so groß?
In der Tat finden die Master-Studiengänge hohen Zuspruch. Rund 80 Prozent der Studierenden unseres Fachbereichs schließen an den Bachelor der Agrarwissenschaften, des Umweltmanagements, der Ernährungswissenschaften oder der Ökotrophologie ein Master-Studium an. Diese Studiengänge bauen thematisch spezialisiert auf das Bachelor-Studium auf, sodass verschiedene Fachrichtungen in abgegrenzten Studiengängen vertieft werden können. Zudem lässt sich die große Zahl an Master-Angeboten auch damit erklären, dass wir allein im Bereich Getränketechnologie und Weinbauwirtschaft drei Studiengänge in Kooperation mit der Hochschule Geisenheim anbieten.
Darüber hinaus gibt es zwei englischsprachige Master-Programme, nämlich „Transition Management“ und „Agrobiotechnology“, die zu 80 Prozent von ausländischen Studierenden besucht werden.
Eine Besonderheit des Bachelor- und Master-Studiums ist die hohe Wahlfreiheit der Kurse in den jeweiligen Fächern. Aus welchem Grund wurden die Studiengänge in dieser Form aufgesetzt?
Die Struktur ist bei allen Studiengängen gleich. Im Bachelor sind von den insgesamt 29 Modulen 15 verbindlich vorgeschriebene Kernmodule. 13 Profilmodule können individuell aus dem Modulkatalog des Fachbereichs und zum Teil aus anderen Fachbereichen der Universität Gießen gewählt werden. Drei der Profilmodule können auch als Praktikum in einem Betrieb geleistet werden, die abschließende Studienarbeit zählt für zwei Module.
Im Master ist von den insgesamt 16 Modulen die Hälfte verpflichtend, die andere individuell zu belegen. Damit haben die Studierenden die Möglichkeit, über den Tellerrand ihres Fachgebietes hinauszuschauen. Zudem können sie sich gezielt spezialisieren und ihr Profil zusammenstellen. Zum Beispiel: Angehende Agrarwissenschaftler können die 50 Prozent der freien Module aus ihrem Studiengang wählen oder beispielsweise aus dem Studiengang Umweltmanagement. Den Kombinationsmöglichkeiten sind fast keine Grenzen gesetzt. Dies ermöglicht den Studierenden nach eigenem Interesse und Berufswunsch das Studieren von spezialisierten oder interdisziplinären Profilen.
Ein Schwerpunkt des Fachbereichs liegt im Thema Ernährung. Bachelor-Studierende haben die Wahl zwischen Ernährungswissenschaften und Ökotrophologie sowie zwischen drei Master-Studiengängen. Was steckt dahinter?
Ausgehend von dem ehemals angebotenen Diplom-Studiengang Haushalts- und Ernährungswissenschaften hat der Fachbereich zunächst einen Bachelor-Studiengang Ökotrophologie eingeführt. Im Lauf der ersten Akkreditierungsphase hat sich gezeigt, dass es einerseits Bedarf an naturwissenschaftlich ausgerichteten Ernährungswissenschaftlern und andererseits an interdisziplinär ausgebildeten Ökotrophologen gibt. Daher wurden die beiden Studiengänge Ernährungswissenschaften und Ökotrophologie entwickelt. Diese bereits im Bachelor ansetzende Spezialisierung wird mit dem Master-Angebot fortgesetzt.
Durch die Master-Studiengänge Ernährungswissenschaften, Ernährungsökonomie und Ökotrophologie haben die Studierenden die Wahl zwischen einem naturwissenschaftlich, ökonomisch oder interdisziplinär geprägten Profil. Alle Profile werden auch aus der Lebensmittelindustrie als wichtigem Arbeitgeber nachgefragt. Die Studierenden haben aufgrund der vielfältigen Profilierungsmöglichkeiten immer auch die Möglichkeit, ihr Studium an ihren Bedürfnissen und Neigungen auszurichten.
Im Gegensatz zu den Bachelor-Studiengängen sind die meisten Master-Studiengänge nicht zulassungsbeschränkt. Planen Sie Änderungen?
Da die Zahlen der Zulassungsbeschränkungen im Bachelor auch auf die Lehrkapazitäten im Master angepasst sind, war es bisher in den meisten Master-Studiengängen nicht nötig, Beschränkungen einzuführen. Zwar ist auch im Master-Studium die Nachfrage in den vergangenen Jahren gestiegen, doch bemüht sich der Fachbereich darum, weitere Studienplätze schaffen, um möglichst vielen Absolventen aus dem Bachelor ein Master-Studium zu ermöglichen. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass es in Zukunft auch bei den Master-Studiengängen Zulassungsbeschränkungen geben wird.
An der Justus-Liebig-Universität kann neben zwei weiteren Universitäten in Deutschland der Master für Getränketechnologie erworben werden. Wie sieht die Arbeit von Getränketechnologen aus?
Diesen Studiengang bieten wir in Kooperation mit der Hochschule Geisenheim an. Die Getränketechnologie ist ein Teilgebiet der Lebensmitteltechnologie, sie befasst sich mit der Herstellung von Getränken sowie mit den chemischen und biologischen Vorgängen. Im Masterstudiengang Getränketechnologie lernen Studierende, getränketechnologische Probleme in der industriellen Praxis zu lösen.
Die Getränketechnologen geben Impulse bei der Entwicklung neuer Anlagen und Maschinen, auch sind sie federführend bei der Planung von Produktionsanlagen und Investitionen. Aufgrund der Empfindlichkeit spezieller Getränkeinhaltsstoffe gegenüber äußeren Faktoren muss der Master-Studiengang neben technologischen Voraussetzungen vertiefte Kenntnisse über Vorkommen, Wirkung, Analytik und Qualitätskontrolle von wertgebenden Inhaltsstoffen vermitteln. Die Absolventen arbeiten später in Kontroll- und Überwachungsbehörden oder in den entsprechenden Fachabteilungen von Ministerien. Ebenso haben sie die Kompetenz, wissenschaftlich zu arbeiten und im analytischen und verfahrenstechnischen Bereich zu promovieren.
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Die Studiengänge
Vier Bachelor-Studiengänge bietet die Uni Gießen im Fachbereich Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement an. Alle vier Studiengänge sind zulassungsbeschränkt, wobei hauptsächlich die Abiturnote, Wartesemester und die Berufsausbildung im Zulassungsverfahren gewertet werden.
- Agrarwissenschaften
- Ernährungswissenschaften
- Ökotrophologie
- Umweltmanagement
13 Master-Studiengänge haben Bachelor-Absolventen im Fachbereich zur Auswahl:
- Agrarökonomie und Betriebsmanagement
- Agrobiotechnology (englisch)
- Ernährungsökonomie
- Ernährungswissenschaften
- Getränketechnologie (in Zusammenarbeit mit der Hochschule Geisenheim)
- Nutztierwissenschaften
- Ökotrophologie
- Oenologie (in Zusammenarbeit mit der Hochschule Geisenheim)
- Pflanzenproduktion
- Transition Management (englisch)
- Umwelt- und Ressourcenmanagement
- Weinwirtschaft (in Zusammenarbeit mit der Hochschule Geisenheim)
Praktika
In den Bachelor-Studiengängen des Fachbereichs muss kein Pflichtpraktikum mehr absolviert werden. Es ist jedoch möglich, ein Praktikum im Umfang von 18 Credit Points in das Bachelor-Studium zu integrieren. Studierenden, die noch keine Berufserfahrung besitzen, wird geraten, freiwillige Praktika während des Studiums zu absolvieren. Dazu können sie auf der Website des Fachbereichs unter Berufsfeldpraktikum zahlreiche Praktikumsstellen finden.
Vorkurse Naturwissenschaften
Die naturwissenschaftlichen Präsenzvorkurse richten sich vornehmlich an Studienanfänger nicht nur des Fachbereichs Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement. Sie stehen auch Studierenden höherer Semester offen, die unmittelbar vor einem Modul die notwendigen Grundlagen auffrischen möchten. Die Kurse in Mathematik, Physik und Chemie finden jeweils in den Wochen vor Semesterbeginn statt und sind kostenlos, der Besuch ist freiwillig. Die jeweils einwöchigen Vorkurse umfassen sowohl den Vor- als auch den Nachmittag. Jeder Vorkurs wird mehrfach angeboten und kann bei Bedarf auch erneut belegt werden.
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