29.05.2023 ● Amelie Keller
Interview: Pferdewirtschaft an der HfWU studieren
Seit 2009 bietet die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen den einzigartigen Studiengang Pferdewirtschaft (B.Sc.) an.
Welche Studieninhalte vermittelt werden und für wen dieses Studium geeignet ist, erklärt uns der Studiendekan Prof. Dr. Dirk Winter in einem Interview.
Was ist das Besondere des Studiengangs Pferdewirtschaft?
Prof. Dr. Dirk Winter: Das Studium der Pferdewirtschaft zeichnet sich durch eine sehr wissenschaftsbasierte, praxisorientierte Lehre aus. Die Professoren und Lehrbeauftragten haben langjährige praktische Erfahrungen in ihrem Lehr- und Forschungsbereich und sind so in der Lage, wissenschaftliche Schwerpunkte sehr praxisnah zu vermitteln.
Die sehr enge Verknüpfung mit wissenschaftlichen Einrichtungen national und auch international ermöglicht so einen vertieften Einblick in wissenschaftliche Fragestellungen. Aber auch der sehr enge Kontakt zu Organisationen der Pferdewirtschaft wie Zucht- oder Sportverbänden und Interessenvertretungen und der Bezug zur Wirtschaft um die Pferdewirtschaft ermöglicht den Studierenden frühzeitig ein ausgeprägtes Netzwerk in der Pferdewirtschaft aufzubauen. Insbesondere der betriebswirtschaftliche Schwerpunkt mit der Fachorientierung Pferd zeichnet das Studium aus.
Das Ziel des Studienganges ist es die Studierende fachlich fundiert auf die herausfordernden Aufgaben im späteren Beruf, sei es in der Pferdewirtschaft oder darüber hinaus, zielgerichtet vorzubereiten. Wir möchten mit diesem Studiengang „den Steigbügel halten für den Aufstieg in den Berufssattel.“
Wie verbinden Sie Praxis und Theorie bei diesem praxisnahen Berufsfeld?
Prof. Dr. Dirk Winter: Die Vorlesungen werden durch vielfältige Exkursionen zu pferdehaltenden Betrieben und staatlichen Einrichtungen wie z.B. zum Haupt- und Landgestüt Marbach praxisnah begleitet. So bekommen die Studierenden frühzeitig die Herausforderungen der Praxis vor Augen geführt. Auch sind die vielen Lehrbeauftragten, die im Vorlesungsbetrieb eingebunden sind, Praktiker. So wird z.B. das Thema Pferderecht durch einen namhaften Pferderechtsanwalt begleitet. Auch werden die Ausbildungsschwerpunkte von Pferden und Reitern u.a. durch Pferdewirtschaftsmeister oder auch Reitmeister durchgeführt.
Das für den Studieneintritt erforderliche Vorpraktikum von drei Monaten ermöglicht einen ersten Einblick in die Pferdepraxis. Im 4. Semester folgt dann das sogenannte Praxissemester, in dem die Studierenden auf pferdehaltenden Betrieben oder in Unternehmen aus der Pferdewirtschaft Einblick nehmen können. Vielfach wird das Praxissemester auch im Ausland absolviert. So gelingt es sehr gut die Studierenden auf die vielfältigen Tätigkeiten in der Wirtschaft um die Pferdewirtschaft vorzubereiten.
Neben dem Studium der Pferdewirtschaft bietet die Hochschule seit 2019 auch den Studiengang Pferdewirtschaft plus an, der eine Integration von Lehre zum Pferdewirt und Studium der Pferdewirtschaft darstellt. So können die Interessierten vor Studienbeginn eine 14monatige Ausbildung zum Pferdewirt beginnen und diese dann im Rahmen der vorlesungsfreien Zeit und dem Praxissemester nach 24monatiger Gesamtlehrzeit mit der Abschlussprüfung beenden. So besteht die gute Möglichkeit die praktische mit der akademischen Ausbildung zu verknüpfen.
Welche persönlichen Voraussetzungen sollte man für diesen Studiengang mitbringen?
Prof. Dr. Dirk Winter: Entscheidend für die erfolgreiche Absolvierung des Studiengangs Pferdewirtschaft ist die Liebe zum Pferd. In den 14 Jahren, die der Studiengang in Nürtingen angeboten wird, ist diese persönliche Voraussetzung der Studierenden als Klammer deutlich zu erkennen. Es ist unwichtig, ob eine langjährige Reiterfahrung vorliegt oder ein eigenes Pferd vorhanden ist. Der Bezug zum Pferd und damit die innere Verbindung ist allerdings sehr wichtig für den Erfolg im Studiengang.
In welchen Berufsfeldern kann man nach dem Bachelorabschluss arbeiten?
Prof. Dr. Dirk Winter: Die Absolventen des Studiengangs Pferdewirtschaft (B.Sc.) haben ein sehr vielfältiges Betätigungsfeld. Der Abschluss fokussiert auf Tätigkeiten für Fach- und Führungskräfte. Neben den verschiedenen Berufsfeldern der Pferdewirtschaft wie Zucht- und Sportverbände, Futtermittelindustrie, Stallbau, Eventmenagement, Beratung, Medien und vieles mehr ist das Studium aber keine „Einbahnstraße“. Auch Tätigkeiten außerhalb der Pferdewirtschaft sind durchaus möglich. So sind Unternehmen z.B. aus der Agrarbranche durchaus an Absolventen interessiert. Der Arbeitsmarkt ist so vielseitig, so dass die Chancen sehr, sehr gut sind eine herausfordernde Tätigkeit zu finden.
Was sind die Unterschiede zur Ausbildung zum Pferdewirt?
Prof. Dr. Dirk Winter: Das Studium der Pferdewirtschaft ist auf die wissenschaftliche Ausbildung ausgerichtet. Die Studierenden lernen wissenschaftlich fundiert zu arbeiten und Schwerpunkte zu Fragestellungen herzuleiten. Insbesondere auch in den Projekt- und Studienarbeiten sowie in der Bachelorarbeit müssen die Studierenden alleine oder in einer Gruppe Fragestellungen systematisch angehen und selbstständig bearbeiten. Die praktische Ausbildung zum Pferdewirt beleuchtet vielmehr die Tätigkeit mit dem Pferd bzw. am Pferd. Hier ist der körperliche Einsatz gefordert.
Ausbildung zum Pferdewirt – Infos rund um den Beruf
In der Ausbildung zum Pferdewirt geht es um viel mehr als reiten & striegeln. Wir informieren dich in unserem Beitrag darüber, was genau dich erwartet.
Wo, denken Sie, können Schwierigkeiten im Studium auftreten?
Prof. Dr. Dirk Winter: Die fachbezogenen, pferdespezifischen Themenschwerpunkte bereiten zumeist keine Schwierigkeiten, da die Inhalte die Interessenbereiche der Studierenden voll abdecken. Da es sich um einen naturwissenschaftlichen Studiengang handelt mit betriebswirtschaftlichen Schwerpunkten sind Fächer wie Mathematik, Statistik, Chemie und auch Genetik im Curriculum enthalten, die nicht von allen „wertgeschätzt“ werden. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass auch diese „Hürden“ zumeist überwunden werden.
Muss man für dieses Studium schon Erfahrung mit Pferden mitbringen?
Prof. Dr. Dirk Winter: Vertiefte Kenntnisse zum Umgang mit Pferden sind nicht zwingend erforderlich. Hilfreich ist allerdings der Bezug zum Pferd und das besondere Interesse zu den vielfältigen Themenbereichen rund um das Pferd. Der equine Erfahrungshorizont wird im Rahmen des Studiums deutlich erweitert.
Kann ich mit diesem Studium International arbeiten?
Prof. Dr. Dirk Winter: Die deutsche Pferdewirtschaft genießt im Ausland einen hervorragenden Ruf. Und auch die akademische Ausbildung wird international sehr geschätzt. Der Studiengang Pferdewirtschaft der HfWU ist Mitglied im „Internationalen Netzwerk Pferdewissen“, zu dem auch Universitäten aus den Niederlanden, Italien und der Schweiz gehören. Durch das Praxissemester und die Möglichkeit eines Auslandssemesters werden bereits während des Studiums vielfältige Kontakte ins Ausland gelegt. Die Erfahrungen zeigen, dass Absolventen nach Abschluss des Bachelors zur weiteren akademischen Ausbildung (Master oder Promotion) ins Ausland gegangen sind und auch die berufliche Zukunft dort gefunden haben.
Mit welchem Einstiegsgehalt kann man nach dem Studium rechnen?
Prof. Dr. Dirk Winter: Das Einstiegsgehalt ist sehr vom Unternehmen abhängig. Feste Einstiegsgehaltsvorgaben gibt es nicht. Die Erfahrung zeigt, dass mit einem abgeschlossenen Bachelorabschluss ein Einstiegsgehalt von 35.000 – 45.000 €/Jahr durchaus realistisch erscheint.
Wie beurteilen Sie die Einstiegs- und Aufstiegschancen in dieser Branche?
Prof. Dr. Dirk Winter: Der Arbeitsmarkt bietet derzeit hervorragende Möglichkeiten. Der Fachkräftemangel schlägt auch in diesem Wirtschaftsbereich deutlich zu. Absolventen haben zumeist verschiedene Optionen aus denen sie auswählen können und auch die Aufstiegsperspektiven in den Unternehmen sind sehr gut.
Die Pferdewirtschaft ist also eine sehr gute Möglichkeit Beruf und Hobby bzw. Leidenschaft „unter einen Hut zu bringen“!
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