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Landwirt werden ohne Hof© stock.adobe.com/jörn buchheim

15.12.2023 agrarheute

Wenn man Landwirt werden möchte - und keinen Hof hat - was tun?

Wer einen landwirtschaftlichen Betrieb haben möchte, hat im Prinzip drei Möglichkeiten: einheiraten, kaufen oder neu gründen. Gutes fachliches Wissen und eine sachliche Einstellung zum Berufsbild ist immer Voraussetzung. Wer hingegen nur gern "Bauer sucht Frau" guckt, wird schnell von der Realität abgeholt. Alle drei Möglichkeiten, um einen landwirtschaftlichen Betrieb zu übernehmen, sind in Zeiten, in denen jedes Jahr tausende Bauern ihre Höfe aufgeben (müssen) und die ökonomischen und gesellschaftlichen Bedingungen extrem schwierig sind, eine riesige Herausforderung.

In den meisten Fällen ist es sicher so: Der bestehende Hof wird vom Vater an die Tochter oder den Sohn übergeben – wenn eines der Kinder den Betrieb weiterführen möchte und sich keine außerlandwirtschaftliche Tätigkeit gesucht haben. Dagegen ist der Anteil der Quereinsteiger und Neugründer verschwindend gering. Aber es gibt sie. Genaue Zahlen aus Deutschland liegen zwar nicht vor. Doch zeigen Berichte aus den Niederlanden, dass etwa 2 bis 3 Prozent der Höfe von Menschen übernommen werden, die nicht auf einem Bauernhof aufgewachsen sind und auch nicht direkt zu einer Bauernfamilie gehören. Die Verhältnisse in Deutschland sind nicht sehr viel anders, zeigen jedenfalls Daten von Hofbörsen in Deutschland.


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Hof übernehmen ist nichts für Träumer oder Idealisten

Die Berichte aus den Niederlanden zeigen aber auch eindeutig: Eine Hofübernahme ist nichts für Träumer oder Idealisten. Aber was wäre, wenn sie gerne Bauer werden würden, während sie nicht selbst auf einem Bauernhof aufgewachsen sind? Dann ist die Situation viel schwieriger. Die Übernahme eines kompletten Betriebes durch "Fremde" ist alles andere als alltäglich.

„Die Übernahme außerhalb der Familie ist immer noch eine Ausnahme“, sagt Hans Jansze, niederländischer Spezialist für Unternehmensübernahmen gegenüber dem Agrarportal Nieuwe Oogst. Er schätzt, dass die Übernahme durch Fremde in seinem Tätigkeitsbereich - den zentralen Niederlanden -  etwa 2 bis 3 Prozent aller Akquisitionen betrifft. Andere Quellen bestätigen diese Annahme. Fast alle jungen Menschen außerhalb der Branche, die ernsthaft versuchen, einen bestehenden Hof zu übernehmen, stehen überwiegend seit längerem mit dem Landwirt in Kontakt, berichtet beispielsweise Lianne Veenstra, eine landwirtschaftliche Trainerin und Beraterin aus den Niederlanden. Gemeint sind etwa ehemalige Praktikanten, die auch nach ihrem Praktikum weiter Kontakt halten, oder aber „jemanden von nebenan“, der öfter mal im Betrieb mithalf oder immer wieder dort arbeitete.  „Es geht fast immer um Menschen, die sich schon länger kennen“, bestätigt auch der Berater Jansze.

„Bauer sucht Frau“-Mentalität reicht nicht

Die niederländischen Erfahrungen zeigen also auch: „Die potenziellen Hof-Nachfolger haben meist schon Erfahrung mit der Arbeit auf dem Bauernhof. Sie wissen, worum es geht“, erklärt Lianne Veenstra. Die Beraterin betont, dass das landwirtschaftliche Wissen und erste Erfahrungen für jemanden unverzichtbar sind, der einen kompletten landwirtschaftlichen Betrieb übernehmen möchte.

Träumer und Idealisten oder Menschen, die sich für „Bauer sucht Frau“ begeistert haben, haben nach Einschätzung von Veenstra nicht die richtige Ausgangsposition. „Man muss unbedingt eine realistische Vorstellung davon haben, ein Bauer zu sein", sagt sie. Aus diesem Grund ist auch eine gute und sachliche Vorbereitung auf den Übernahmevorgang sehr wichtig, sagt der Berater Jansze. „Beide Parteien müssen sehr gut erkennen, worauf sie sich einlassen“, sagt Jansze. Ein gutes Beispiel ist der Kaufpreis: Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem „freien Wert“ eines Unternehmens und dem Wert, der auf seiner Rentabilität basiert. „Der freie Wert kann vom Erwerber nicht ohne sehr viel Eigenkapital finanziert werden, kaum eine Bank wird sich daran beteiligen." Ein erfolgreicher Übernahmevorgang beginnt deshalb damit, dass die Erwartungen beider Parteien frühzeitig klar zum Ausdruck gebracht werden, sagt Beraterin Veenstra. Der Übernahmevorgang kann nach ihrer Einschätzung deshalb durchaus 10 bis 15 Jahre dauern.


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Bauernhof gründen oder übernehmen: genügend Eigenkapital und gutes Fachwissen

Fakt ist also: Die hohen Kosten für die Übernahme oder Gründung eines Bauernhofs müssen gut geplant werden. In Deutschland empfehlen Berater, dass „der Neubauer“ mindestens 30 % Eigenkapital mitbringen sollten. In jedem Fall ist es sehr kapitalintensiv und vor dem Hintergrund extremer Wettereignisse auch sehr risikoreich als Landwirt zu arbeiten.

Potenzielle Investoren wollen außerdem einen Businessplan mit realistischen Zahlen und Szenarien sehen. Trotz guter Planung können nämlich Dürren und Unwetter alle Vorhaben schnell zunichtemachen und für verheerende finanzielle Ausfälle sorgen. Daher sollte das Risiko möglichst gestreut werden. Eine Möglichkeit ist: Den Betrieb auf mehrere Säulen zu stellen, empfehlen jedenfalls Berater. Wichtig für den Neu-Gründer ist auch eine fundierte landwirtschaftliche Ausbildung – zeigen die Erkenntnisse aus den Niederlanden. Kühe melken, Traktor fahren – das kann vermeintlich jeder. Damit ist man jedoch längst nicht ausreichend qualifiziert, um einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen. Das müssen auch junge Betriebsgründer schnell erkennen. „Wenn man heute in der Landwirtschaft arbeiten will, dann gehört Fachwissen dazu“, sagt die Junglandwirtin Tina Bauer aus Baden-Württemberg. Sie arbeitet im Betrieb ihres Vaters mit und hat über mehrere Jahre eine landwirtschaftliche Fachschule besucht. Auch ein praxisorientiertes landwirtschaftliches Studium kann natürlich nicht schaden.

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Hilfe durch „Hof sucht Bauer“ oder Landwirtschaftskammern

Wer nicht in einen Hof „hineingeboren“ wurde und auch sonst keine Möglichkeit zum Einstieg oder Kauf eines bestehenden Landwirtschaftsbetriebes findet, für den gibt es aber noch andere Optionen. So gibt es beispielsweise die Hof-Börse „Hof sucht Bauer“. Viele Bauern suchen nämlich Nachfolger für ihre Höfe, wenn sie denn keinen Hofnachfolger aus der eignen Familie finden.

Aber es gibt auch von den Landwirtschaftskammern organisierte Kontaktbörsen – wie etwa eine Vertrauensstelle von Nordrhein-Westfalen. Dort sollen junge Landwirte als Hofnachfolger vermittelt werden. So berichte der WDR vor kurzem über den Vorsitzenden des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Märkischer Kreis, Günter Buttighoffer. Der suchte jemanden, der seinen Rinderzuchtbetrieb in Nachrodt-Wiblingwerde übernimmt. Einen Nachfolger aus der eigenen Familie gab es nicht. Und obwohl Buttighofer als Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Märkischer Kreis viele Kontakte hat, war die Suche schwierig. Umgekehrt gibt es aber junge, ausgebildete Landwirte, die einen eigenen Hof suchen. So ist die Initiative „Außerfamiliäre Hofnachfolge“ entstanden, an der sich sieben Landwirtschaftsverbände und -organisationen in NRW beteiligen. Dort werden diejenigen, die einen Hof übernehmen wollen und diejenigen, die einen Nachfolger suchen, zusammengebracht. Die Daten werden anonymisiert und die Wünsche abgeglichen. Erst wenn klar ist, dass beide Parteien zueinander passen, lernen sie sich in echt kennen. Denn bei einer Hofübergabe spielen viele sensible Dinge eine Rolle. Es geht um Pachtverträge, um steuerrechtliche Fragen, Löhne und Verhandlungen mit Banken. Bei Günter Buttighoffer hat es am Ende geklappt, ein junges Paar hat seinen Betrieb übernommen. Er weiß, sein Lebenswerk ist nun in guten Händen.

Dieser Artikel ist zuerst bei unseren Kollegen von agrarheute.de erschienen.
 


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